Es ist ein Ros´entsprungen
Speyerer Gesangbuch, Köln 1599
 


"Es ist ein Ros' entsprungen" ist eines der Lieblingslieder der Wiener Sängerknaben - am liebsten singen wir es a cappella, das passt am besten.

Das anrührende Lied stammt mindestens aus dem 15. Jahrhundert. Der Text findet sich auf einem Einzelblatt von Hans Sachs (1524); Melodie und Text erscheinen erstmals in der Sammlung Alte Catholische Geistliche Kirchengesäng (Köln 1599).


Die „Ros“ ist eine Umdeutung des alten Wortes „Reis“, gemeint ist ein junger Zweig eines Baumes. Das Reis ist Jesus, der jüngste Spross eines alten Stammes: Das Lied verfolgt Jesus’ Stammbaum bis zu Jesse, dem Vater König Davids. In der Bibel heißt es: "Aus der Wurzel Jesse wird ein Reis hervorgehen, und eine Blume wird aus dieser Wurzel aufgehen."

Im zweiten Vers wird aus Ros wird Röslein; Maria ist die Rose, Jesus die Blüte. Dazu passend wird erzählt, dass ein Mönch aus Trier zu Weihnachten im verschneiten Wald eine blühende Rose fand – ein Wunder, mitten im Winter.

Kein Wunder: In England kennt man es auch unter dem Titel "A Great and Mighty Wonder".


Es ist ein Ros' entsprungen,
Aus einer Wurzel zart,
Wie uns die Alten sungen,
Von Jesse kam die Art,
Und hat ein Blümlein bracht
Mitten im kalten Winter

Wohl zu der halben Nacht.

Das Röslein, das ich meine,
Davon Jesaia sagt,
Hat uns gebracht alleine
Marie, die reine Magd.
Aus Gottes ew'gem Rat
Hat sie ein Kind geboren
Und blieb doch reine Magd.

Den Hirten brachte Kunde
Davon der Engel Heer
Und sagten, wo zur Stunde
Christus geboren wär:
Zu Bethlehem im Stall
Das Kind alsbald sie funden
Gar hoch sich freuten all.